Simulationstraining im Schockraum
Krisensituationen erfordern ein besonderes Management
Es sind akut lebensbedrohliche Situationen, die von den Instruktoren erzeugt und aus einem Nebenraum heraus gesteuert werden: Sie kontrollieren etwa den Kreislauf der Hightech-Puppe oder lassen sie auch vor Schmerzen schreien. „Unter absolut realitätsnahen Bedingungen simulieren wir schwierige Behandlungssituationen und trainieren gezielt die notwendigen Handlungsabläufe“, erklärt der Chefarzt der Zentralen Notaufnahme, Dr. Sebastian Tiemann, die Schulung und ergänzt: „Im Schockraum werden unter höchster Konzentration von einem Team aus Profis alle Maßnahmen ergriffen um das Leben eines Schwerstkranken zu retten – da muss jeder Handgriff sitzen.“
Das Übungsszenario wirkt schon nach wenigen Minuten für die Akteure absolut real. Viele denkbare Situationen werden trainiert: Besondere Drainagen und Zugänge legen, Luftröhrenschnitte machen, reanimieren, Medikamente spritzen. „Genauso wichtig wie die medizinischen Fertigkeiten ist eine eingeübte Kommunikation nach festen Regeln, um Missverständnisse zu vermeiden. Das Training orientiert sich hierbei an der Ausbildung von Piloten. Eskalationen in den Trainings bringen das Team immer wieder an und über die Grenzen. Das sind besondere Lerneffekte“, sagt Dr. Friedrich Kutscha-Lissberg, Chefarzt der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie und Ärztlicher Direktor der Klinik.
Zertifiziertes Überregionales Traumazentrum
Traumazentren bieten mit ihrem strukturierten Notfallsystem bei schwersten Verletzungen die beste Überlebenschance. Bereits 2009 wurde die Klinik als Regionales Traumazentrum von der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie ausgezeichnet; seit 2015 ist sie sogar ein „Überregionales Traumazentrum“ – das ist die höchste Versorgungsstufe bei der Behandlung dieser Patienten. Mehrere Verletzungen in verschiedenen Körperregionen charakterisieren das Polytrauma. Dabei ist mindestens eine Verletzung oder die Kombination mehrerer Verletzungen lebensbedrohlich. Das können Lungenquetschungen, Verletzungen der inneren Organe, schwerste Brandverletzungen, offene Knochenbrüche oder Schädel- und Wirbelsäulenverletzungen sein. Bei der Versorgung von Schwer- und Schwerstverletzten zählt jede Minute. Beim Polytrauma arbeiten die Ärzte gegen die Zeit. „Bei Kohlenmonoxid-Vergiftungen oder einer Luft-/Gasembolie ist die Behandlung in unserer Druckkammer häufig die einzige und somit lebensrettende Option“, sagt Dr. Kutscha-Lissberg.
Kinder im Schockraum – eine besondere Herausforderung
Die Traumaversorgung von Kindern erfordert spezielle Kenntnisse und eine hohe Sensibilität. Hier haben die Knappschaft Kliniken Gelsenkirchen-Buer seit vielen Jahren eine besondere Expertise. Die physiologischen Besonderheiten, die oft unspezifische Symptomatik und die emotionalen Herausforderungen machen die Traumaversorgung von Kindern im Schockraum besonders anspruchsvoll. Daher sind gezielte Schulungen und Simulationstrainings für Notfallteams essenziell. Rund 21 Prozent der Patientinnen und Patienten, die im Überregionalen Traumazentrum intensivmedizinisch behandelt werden, sind Kinder. Viele Kinder haben schwere Kopfverletzungen und werden von Spezialisten der Pädiatrischen Neurochirurgie behandelt.
Video-Analyse
Während des Trainings werden alle Aktivitäten im Schockraum gefilmt und in einen anderen Raum übertragen, damit ein weiteres Team das Geschehen beobachten kann. Gemeinsam mit den Akteuren wird die Übung dann später analysiert und diskutiert. „Auch bei der simulierten Situation rauscht das Adrenalin, steht der Schweiß auf der Stirn. Man sammelt unschätzbare Erfahrungen und weiß, dass solche Situationen in der Realität jederzeit eintreten können“, beschreibt Dr. Tiemann seine Erfahrungen. Die Knappschaft Kliniken Gelsenkirchen-Buer investieren rund 16.000 Euro in das zweitägige Training. „Simulationstrainings dienen dazu, Routinen und Standards zu überprüfen und die Teams mit besonderen Stresssituationen vertraut zu machen. Aber es ist vor allem im Hinblick auf die Patientensicherheit eine qualitätssichernde Maßnahme“, betonen die Veranstalter.